Freitag, 5. Oktober 2012

Cochin ... und Backwaters



Mein Gott, bin ich verknallt in dieses Land! Oder nur in Kerala? Oder nur in Cochin? Scheißegal – just like paradise! Hannah geht es nicht anders, auch sie ist hin und weg … was vielleicht auch an den ganzen coolen Indienreggaefans und –barbesitzern liegt :)

Heute waren wir in  den Backwaters. Für mich einfach so beseelend, dass ich sogar ein paar Tränen verdrücken musste auf meinem schönen Boot. Wir sind frühmorgens abgeholt worden, fast zu früh, ich hatte mich eigentlich noch auf einen entspannten Tee und eine Zigarette auf dem Balkon mit Blick auf „meine“ Straße eingerichtet. Im Auto saß noch ein junges Pärchen aus Holland, das eigentlich genau die Tour machen will, die ich ursprünglich anvisiert hatte (Wayanad, Mysore, Hampi, Goa). Sie haben 5 Tage länger Zeit als wir, das macht ja schon mal viel aus. Außerdem wollen sie die Nachtzüge für die Fahrten nutzen (3. Klasse, weil günstig – vielleicht wissen sie nicht, dass sie das Abteil dann mit 40 anderen Leuten teilen müssen) und sind ungefähr 25 Jahre jünger als ich ….

Der Fahrer hat uns dann irgendwann an einer belebten Hauptstraße raus gelassen (ja, ja, auch hier gibt es eine Rushhour) und ein paar Minuten später kam ein Bus, der uns aufgepickt hat. Sehr geile Gruppe, wirklich sehr geil. Und ich steh ja nun eigentlich nicht so auf Gruppenreisen :).

Hannah und ich, die beiden Holländer, ein älteres Paar aus Mumbai, das uns gleich zur Übernachtung eingeladen hat, wenn wir in Mumbai sind, ein Amerikaner, eine Spanierin aus Madrid, eine chinesische Universitätsprofessorin (alleine! Glaubt man das? Eine Chinesin alleine unterwegs ohne 20 Chinesen um sich rum?) und ein Religionslehrer vom Bodensee.

Schon auf der Fahrt zu den Flüssen ging es hoch her im Bus – sehr guter „Spirit“, wie ich das immer nenne. Alle open-minded, alle beseelt von Indien, alle am Sabbeln. Ich habe die Fahrt durch die Dörfer trotz der angeregten Gespräche sehr genossen. Die Kinder mussten in die  Schule, die Ziegen mussten auf die Felder, die Männer mussten am Straßenrand sitzen und sabbeln und die Frauen mussten auch irgendwas tun, im Zweifel einkaufen. Auf jeden Fall waren sie einfach wunderschön anzusehen, knallbunte Saris, wiegender Gang und alle entspannt.

Nach einer knappen Stunde Fahrt wurden wir dann wieder rausgeschmissen und nach einem kleinen Fußweg durch ein kleines „Dorf“ (naja, eher 2 – 3 Häuser und 4 Kühe) lag unser Boot. Ich hatte ja eher mit einem kleinen überfüllten Boot gerechnet, aber denkste. Ein sehr großes Boot für uns 9 People und einen Guide. Wer wollte, hätte sich sogar zum Schlafen hinlegen können. Nach einer kurzen Einführung von Sasha (unserem Guide) tuckerten wir los. Überall Palmen, überall Leute am Ufer, überall Fischer auf den Flüssen, überall Fische, die aus dem Wasser sprangen. Wir bekamen ein wenig Geschichte von Kerala erzählt (leider sehr schwer verständlich), all die Namen, die wir uns unbedingt merken sollten, sind bei mir schon wieder verschwunden. Ein Gehirn wie ein Sieb? Oder lag es doch einfach an der schlechten Aussprache?  Vollkommen schnuppe …






Irgendwann gab es einen kleinen Stopp auf einer kleinen Insel, wo wir so „interessante“ Dinge, wie eine alte Muschelfabrik und ein altes Wohnhaus besichtigen konnten. Hannah und ich haben uns nach einiger Zeit ausgeklinkt und sind so ein bisschen rumgelaufen und waren dann auch ziemlich schnell wieder am Boot.









Dort gab’s dann lecker spicy Muscheln von der Insel und weiter ging es. Eine traumhafte Stille … Da fiel mir erst einmal auf, wie laut Cochin doch eigentlich ist, obwohl das hier ja nun wirklich nicht Mumbai ist. Jeder hing mal seinen Gedanken nach und dann entspannten sich wieder rege Unterhaltungen zwischen all den Leuten. Was hatten wir nur alles für Themen, sehr geil für eine zusammengewürfelte Truppe, die sich wahrscheinlich nie wiedersehen wird.
Religion an und für sich in allen Facetten incl. „Universumsreligion“ (mein Thema) und „Naturwissenschaft (Sasha’s Thema – eigentlich hätte ich erwartet, er würde uns was über den Hinduismus erzählen – aber nein, der junge Mann war sehr interessiert und überzeugt von der Physik)
Soll man in Indien in einem Ashram übernachten, wenn man schon mal „da“ ist oder eher bei den Indern? (das Thema von Wolf, dem Religionslehrer, und Beatrice, der Spanierin, die beide in einem Ashram wohnen, und von mir)

Wer kennt den besten indischen Film, egal in welcher Sprache? (Alle)
Wie kann es sein, dass angeblich 97 % der Inder (ich kann diese Zahl gar nicht fassen, wenn ich mich hier in Kerala umschaue) von nur 20 Rupien am Tag leben müssen? (Talita und ihr Mann aus Mumbai)
Wer kennt die beste indische Musik? (Alle – ich konnte dazu allerdings wenig sagen – kenn ja nix außer Bollywood-Musik …)
Wie prägend ist Bildung? Oder nützt die beste Bildung nichts, wenn man es nicht in der Familie vorgelebt bekommt? (Sam aus den Staaten und ich)
Ist die Eurokrise hausgemacht? (Wolf, Beatrice, die Holländer und ich)
Ist die 1-Kind-Politik in China richtig? (Alle!)

and so on and so on ...



Mittags gab es dann ein fantastisches vegetarisches Thali an Bord, danach Nachtisch, der wie die leckere Milchsuppe von meiner Oma Elli schmeckte …


Dann hieß es leider Abschied nehmen von Sasha. Mit dem Typen hätte ich mich noch Stunden unterhalten können. Leider endete sein Auftrag mit dem Essen.




Weiter ging es mit einem Bus noch ein Stückchen weiter rein in die Backwaters. Nächster Stopp war ein kleines Dörfchen mittendrin im Nirgendwo. Dort warteten 2 Kanus auf uns und wir hatten dann noch eine kleine „Kanalrundfahrt".






Die war schön, aber weniger spektakulär, als ich mir das eigentlich gedacht hatte. Nächster Stopp war dann an einem Haus, wo es lecker Chai gab und ich 3 neue indische Freunde gewonnen habe. Lag aber sicherlich nur daran, dass ich eine Runde Zigaretten ausgegeben habe :).





Heute habe ich dann unter anderem auch erfahren, dass Rauchen in der Öffentlichkeit strengstens verboten ist in Indien. Eigentlich darf man nur noch zu Hause rauchen. Noch schlimmer als in den Staaten. Und ich habe mich gestern schon gewundert, als Rafi meinte, ich könnte gerne neben dem Fähranleger rauchen, er würde gucken, ob alles okay ist. Nun bin ich wieder schlauer, da soll noch einer sagen, Reisen bildet nicht.

Sasha sah das heute auch entspannt, er meinte zu mir, ich könnte nach hinten auf das Boot gehen, da würden die Inder auch rauchen. Außerdem hält er Tabak für längst nicht so gefährlich wie Gehirnwäschen, die in einigen Völkern betrieben werden. Ich sag doch, mit dem Typen hätte ich mich gerne noch ein wenig länger unterhalten.
Irgendwann gegen 17.00 Uhr waren wir dann wieder bei Maryann und Philip. Heute Nacht sollen noch neue Gäste eintrudeln, von denen werden wir aber nicht viel haben (bzw. sie von uns :)), da wir morgen früh um 7.00 Uhr  nach Wayanad aufbrechen.

Und wir haben ehrlich gesagt wenig Lust, diese Stadt zu verlassen. Vorhin waren wir noch unterwegs (Geld holen etc.) und die Leute waren einfach wieder entzückend! Ich bin wirklich verknallt! Hannah und ich saßen in einem Dachrestaurant und haben eine Cola getrunken (sagte ich schon, dass ich mir vorkomme, wie bei einem Dealer, wenn ich leise frage: „Do you sell beer?“),  als Rafi unten vorbei fuhr.

Als wir ihn gerufen haben, hat er gleich wieder mit seinem Kopf gewackelt, sein Moped beiseite gestellt und schwuppdiwupp war er bei uns. „Everything okay? You need something? Some fruits? I will do for you …“ Wir haben dann noch ein wenig geplauscht und ihm versprochen, dass wir – sollten wir auf unser Tour noch mal nach Cochin zurückkommen – (worüber wir gerade wirklich nachdenken, da sich auf dem Trip von Mysore nach Varkala ein Stopp in Cochin einfach anbietet) ihn NATÜRLICH sofort vom Bahnhof aus anrufen werden.

„I come every time to pick you up!“
Irgendwann stand ein Inder bei uns vom Tisch, der uns seine Karte für sein Homestay in den Bergen überreichte. Wir haben kurz mit dem geplauscht, einige Zeit später haben wir ihn wiedergetroffen und da war es dann Zeit für ein längeres Gespräch. Sabbel, sabbel, sabbel – und auch das schon eher „tiefer“. Kann ich gar nicht beschreiben, aber es ging halt darum, dass Hannah Indien in ihrem Alter schon erleben darf, dass ich sie mitnehme, dass wir in einem Homestay und nicht in einem Hotel wohnen, was er für seine Kinder „getan“ hat and so on. Wir sollen ihn auf jeden Fall ebenfalls anrufen, wenn wir noch einmal nach Cochin kommen, damit er sich mit uns treffen kann. Noch besser wäre es natürlich, wenn wir 1 oder 2 Nächte bei ihm im Homestay wohnen würden. „We need time to talk, Sabine!“

Ausnahmsweise waren wir dann heute nicht in der Bob Marley Bar, sondern im „Reggae Cafe del Mar“. Nur indische „Freaks“, die auch alle einfach zucker waren. Hannah war begeistert, ich war ebenfalls begeistert – auch wenn ich dort auch nur eine Cola bestellen konnte. Wenn ich wieder in Deutschland bin, kann ich wahrscheinlich keine Cola light mehr sehen :).

Ich weiß gar nicht, warum ich so begeistert von den Leuten hier bin. Nett und hilfsbereit und süß sind sie ja alle in Asien. Aber hier sind sie irgendwie noch „besonderer“. Liegt es am Kopfschütteln? Das ist so entzückend, man glaubt es kaum. Ich benutze das Wort hier inflationär, ich weiß, aber ich kann nicht anders …

Nachdem wir dann im Reggae-Cafe abgeklärt haben, dass wir morgen auf keinen Fall zur Party kommen können, da wir dann gar nicht mehr hier sind, haben wir uns ein Tuk Tuk zurückgenommen und nun sitzen wir beide wieder einträchtig auf dem Balkon und schreiben Tagebuch. Apropos Party – auf meinen Hinweis, wie sie denn bitte schön eine Party machen wollen, wenn doch alle 10 Minuten der Strom und damit auch die Musik ausfällt, meinte „unser“ Inder (ich habe den Namen leider vergessen): „No problem! I will sing for you!“ 


So sind sie – love and peace and much more love … 


Good vibrations würde Hannah jetzt sagen …

Eben hielt Rafi noch mal kurz vor unserem Balkon, um uns eine gute Nacht und eine gute Reise zu wünschen, natürlich nicht, ohne wieder mit dem Kopf zu wackeln – entzückender geht es wirklich nicht!

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