Dienstag, 11. November 2014

Interessanter Tag in Pashupatinath

Was den Muslimen ihr Mekka, ist den Hindus Pashupatinath :)

Jeder muss einmal in seinem Leben herkommen. Hier bestattet zu werden (ebenso wie am Ganges in Indien) gilt als große Ehre und sorgt für eine schnelle und gute Wiedergeburt.

Pashupatinath liegt nur knapp 8 km vom Stadtzentrum von Kathmandu entfernt. Ich habe dem Tempelkomplex daher heute an meinem vorletzten Tag noch einen Besuch abgestattet.

Die Fahrt mit dem Taxi kostete 300 Rupien, der Touristen-Eintritt von 1.000 Rupien hat mich allerdings wieder mal kurz nach Luft schnappen lassen!

Den Tempel an sich dürfen Nicht-Hindus (also auch ich) nicht betreten. 


Glaubt ihr mir, wenn ich euch erzähle, dass normale Touristen sich aufgrund des Eintritts zum Affen gemacht haben und der Security am Eingang des Tempels weismachen wollten, sie seien schon immer Hindus gewesen? Oder - noch schöner - sie hätten sich in Nepal entschlossen, Hindus zu werden? Und dabei eine Spiegelreflex-, eine Pocketkamera und ein Handy in den Händen halten, um ein möglichst gutes Foto von dem Inneren des Tempels zu schießen?

Ich habe mich ehrlich gesagt ein bisschen fremdgeschämt ...

Der äußere Tempelkomplex allerdings ist für jeden frei zugänglich. Und außer dem Shiva-Tempel gab es auch noch genug andere Dinge zu sehen.





Sadhus gab es natürlich auch zuhauf!

Bis heute wusste ich nicht, dass es auch bei den heiligen Männern 4 "Kasten" gibt! Die einen dürfen angeblich sogar Alkohol trinken und Sex haben. 

Ich konnte diese Geschichte nicht so ganz glauben, da ich bisher immer davon ausgegangen bin, dass Sadhus jeglichen weltlichen Freuden entsagen. Aber wer bin ich, diese Aussage in Frage zu stellen :)

Hat sich bestimmt ein "Touristen-Sadhu" ausgedacht, um die Mädels rumzukriegen :)


Eine andere Geschichte allerdings fand ich ziemlich interessant.

Asiatische Tempel sind voll mit exotischen (und teilweise sogar pornografischen) Abbildungen.

Und wisst ihr, warum das so ist?

Tempel waren früher (und sind es in bestimmten Regionen sogar heute noch) die einzigen Orte, an denen sich sowohl Männlein als auch Weiblein aufhalten.

Da sich viele "Verlobte" früher erst am Tag ihrer Hochzeit kennenlernten und über Sex natürlich auch innerhalb der Familie nicht geredet wurde, dienen die Tempelschnitzereien quasi als "Aufklärungsobjekte".

Jungs und Mädchen konnten sich die Abbildungen anschauen und wussten ungefähr, was von ihnen in der Hochzeitsnacht erwartet wurde :)


Fand ich ziemlich spannend und - ganz im Gegensatz zu der Sadhu-Geschichte - auch schlüssig!

Und natürlich gab es auch Bestattungen.

Während meines Besuchs fanden 5 "Beerdigungen" statt. Ich versuche einmal, euch diese zu beschreiben. Wer zart beseitet ist, guckt bei einigen Fotos einfach weg ;)

Genau wie der Ganges in Indien ist der Bagmati (an dem Pashupatinath liegt) ebenfalls ein heiliger Fluss.

Die Toten werden mit den Füßen ins Wasser des Flusses gelegt, der Kopf zeigt zum Shiva-Tempel.



Bei männlichen Toten ist der älteste Sohn für die Rituale der Zeremonie zuständig, bei weiblichen der jüngste Sohn.

(Ihr merkt, ich habe mich wieder ausgiebig mit den Leuten unterhalten!)

Dem Verstorbenen wird zum Abschied ein Schluck Flusswasser in den Mund geträufelt und nachdem dieses passiert ist, kommen alle Verwandten und Freunde und behängen die Leiche mit Blumen und Glückssymbolen.

Ich hatte nicht den Eindruck, dass - wie bei uns - richtige "Trauer" herrschte. Es kam mir eher so vor, als würden die Toten wirklich mit ein wenig Freude ins Nirwana geschickt. Keine Ahnung, wie ich das anders ausdrücken soll. Auf jeden Fall habe ich nicht mitbekommen, dass die Verbliebenen groß rumgeschluchzt haben ...

Nachdem die Leiche also hübsch geschmückt wurde, wurde diese - ähnlich wie bei uns im Christentum - von 4 Personen zum eigentlichen Verbrennungsort getragen.


An diesem Ort waren wieder Rituale einzuhalten. Der erste (oder letzte) Sohn geht 5 mal mit dem Brahmanen (Priester) im Uhrzeigersinn um die Leiche herum, die Verwandten und Freunde bleiben im Hintergrund.

Schließlich steckt der Sohn ein mit Öl oder Butter getränktes Strohbündel in den Mund des Verstorbenen und zündet dieses an. 


Damit ist die eigentliche Zeremonie beendet. Die Leute bleiben allerdings an den Verbrennungsstätten sitzen, bis der Tote vollkommen zu Asche verbrannt ist.

Tja, und während ich so auf der anderen Seite der Ghats stand und mir die Bestattungen angeschaut habe, fiel mir wieder mal auf, dass wir uns alle viel zu wichtig nehmen.

Nach knapp 3 Stunden ist nämlich nur noch das von uns übrig!


Vielleicht sollten wir alle mal darüber nachdenken?


2 Kommentare:

  1. Liebste Bine, liebste Hannah, ich habe heute das erste (!) Dein/ Euer Tagebuch aufgeschlagen und gelesen - kreuz und quer. Die Berichte sind so persönlich und hinreissend und bringen mich zum Strahlen. Das wollte ich Euch heute nur kurz schreiben. Ich werde jetzt intensiver Eure Reise verfolgen können und mich ab und zu melden. Bei uns herrscht immer noch emotionales Chaos und viel Stillstand. Aber daraus schöpfe ich stets die größte Kraft für meine persönlichen Veränderungen. Euch wünsch ich weiter eine sichere gesunde Reise mit vielen wundervollen Momenten. Fühlt euch fest umarmt, herzlich, Rischi.

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  2. Ach Rischi, von deinem Kompliment bin ja ICH ganz hingerissen :)
    Dicke Umarmung an dich und all dein emotionales Chaos!

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